Neue Wege in der Landwirtschaft – 3 Bauern, 3 Wege, 3 Visionen

Der Grüne Landtagskandidat Robert Wiest besuchte letzten Samstag drei landwirtschaftliche Familienbetriebe im Landkreis. Ziel war es, sich ein Bild von der aktuellen Lage der lokalen Betriebe und den Herausforderungen zu verschaffen, mit denen diese zu kämpfen haben. Mit von der Partie war die Bäuerin und Grüne Landwirtschaftsexpertin Maria Heubuch, die im Bodenseekreis für den Bundestag kandidiert.

Den Auftakt bildete der Bio-Milchviehbetrieb Miller im Badhaus bei Bellamont, bei dem sich gerade ein gewaltiger Umbruch vollzieht. Juniorchef Felix Miller hat kühne Visionen für den traditionsreichen Hof und sieht vor dem inneren Auge, neben dem bisherigen Fokus auf Milchviehhaltung, bereits blühende Obstgärten, die reich mit Äpfeln, Aprikosen, Pfirsichen und weiteren Exoten bestückt sind dazu noch weitläufige Gemüsegärten, in denen sich alte und neue Sorten die Hand geben. All das soll naturnah, ohne jeglichen Herbizid- und Pestizideinsatz vonstattengehen, wie Miller erläutert.

Kernstück des Wandels bildet die bisherige Versuchsanlage, in der bereits die Eignung hunderter Sorten für das oberschwäbische Klima erprobt wird. Der studierte Agrarwissenschaftler sieht dabei die Vielfalt von alten und neuen Sorten als Schlüssel zum Erfolg an. Vertrieb und Marketing der Lebensmittel erfolgt über einen breiten Mix, von klassischem Hofverkauf und Mundpropaganda über professionelle Werbung via Whatsapp, Instagram und Homepage. Auch im Biberacher Körbchen der Biomusterregion mischt Miller mit.

Im Hofladen, der neben den erstklassigen Erzeugnissen auch von Kunstobjekten aus uraltem Eichenholz und Obstgehölzen geschmückt wird, bringen die beiden Bauern Ihre Sorgen vor: zu viel unnötige Bürokratie, staatliche Förderungen, die nur an landwirtschaftliches Wachstum gebunden sind und ein Schattendasein der biologischen Arbeitsweise in der landwirtschaftlichen Lehre. Wer den reichbestückten Hofladen und das gesunde Gemüse sieht, der weiß: Es geht auch anders.

Die zweite Station bildet die Familie Wenger in Mettenberg, die einen Betrieb bewirtschaftet, wie er für Oberschwaben typisch ist: familiengeführt und mit dem Fokus auf der Milcherzeugung. Landwirt Markus Wenger stellt stolz seinen geräumigen und luftigen neuen Stall vor: 140 Milchkühe haben darin Platz, dazu nochmal so viel Jungvieh im Jungviehstall. Diese liefern eine Jahresmenge von 11,500 Liter Milch pro Kuh. Allerdings hat sich die Familie bewusst gegen einen Melkroboter entschieden: Zu groß ist die Abhängigkeit von der Technik, zu hoch die Gefahr von ständigen nächtlichen Wartungseinsätzen. Wengers setzen lieber auf einen klassischen Melkstand, mit denen die Kühe in einer guten Stunde gemolken sind.

Besuch auf dem Hof der Familie Wenger in Mettenberg.

Die Corona-Pandemie hat den Hof stark getroffen: Der Einbruch der weltweiten Nachfrage hat den Milchpreis zeitweise unter den Kostendeckungsbeitrag gedrückt. Wenger erläutert die starke internationale Verflechtung des Milchmarktes, sowie die Abhängigkeit der Bauern von den nahezu monopolistisch geprägten Konzernstrukturen deutscher Discounter. Bisher bilden lokale Vermarktungsinitiativen leider nur einen Nischenmarkt, er selbst sieht den Weg in der unmittelbaren Weiterveredlung der Milch zu Käse und Butter.

Die Bundestagskandidatin Heubuch, die selbst einen konventionellen Grünlandbetrieb bewirtschaftet, hat als Heumilchbäuerin zwar preislich einen gewissen Vorteil von 2 – 4 Cent/Liter, verzichtet dafür aber auf jede Zufütterung von Silage. Diese traditionelle und maisfreie Methode erlebe gerade eine wahre Renaissance und kann auch ein Weg in die Zukunft sein. Auch Wenger betont, dass seine Biogasanlage ohne Zuführung von Mais, sondern ausschließlich mit Mist und Gülle betrieben werde, was seinen landwirtschaftlichen Kreislauf abrundet. Von all diesen Sorgen und Strategien will der Nachwuchs der Familie noch wenig wissen, er tollt lieber durch den Stall und füttert die Kühe.

Den Abschluss bildete der Schweinemastbetrieb mit Biogasanlage von Martina Magg-Riedesser. Die umtriebige Bäuerin ist Teil der Vorstandschaft von „Land schafft Verbindung“ und war Anfang des Jahres auf die Grünen im Kreis zugegangen. Trotz einiger inhaltlicher Differenzen wurde nach der Einladung zum politischen Aschermittwoch ein weiteres Treffen vereinbart, das nun stattfand. Sorgen bereitet Magg-Riedesser die vorrückende afrikanische Schweinepest (ASP), die nicht nur für schlechte Preise sorgt, sondern auch den ganzen Bestand gefährdet. Daneben listete die Bäuerin wachsende Bürokratie und die neue Düngemittelverordnung als weitere Gefahren für die Landwirtschaft. Magg-Riedesser ist dabei selbst innovativ, da ihre Gärreste zu Pellets verarbeitet werden. Durch den mehrstufigen Trocknungsprozess und Zuführung von Schwefelsäure werde das problematische Ammoniak unschädlich gemacht und es wird eine langsame Mineralisierung gewährleistet. Wiest pflichtete bei, dass die Eindämmung der Schweinepest von hoher Wichtigkeit für Mensch und Natur sei.

Wiest betonte, dass die Eindämmung des Klimawandels und der Erhalt der Artenvielfalt nicht nur die Landwirtschaft betreffe, sondern als gesamtgesellschaftliches Problem betrachtet werden müsse. Er möchte bei der Lösung des Problems alle in die Pflicht nehmen und auch den Verkehr, die Industrie und die Gesellschaft an der Lösung beteiligen.

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