Historisches

Die Familie meiner Mutter lebt seit 1642 auf dem Wasenburger-Hof in Erlenmoos. Wie sehr diese Familie mit den Klöstern, bzw. der Geschichte Oberschwabens verbunden ist, zeigen einige berühmte Söhne und deren Nachkommen, die ich nachfolgend vorstellen will:

  1. Max Wiest (Pater Longinus) geb. 1754 in Erlenmoos, Wasenburger-Hof, gest. 1835 in Weingarten.

Studierte zuerst im Stift in Ochsenhausen, danach an der Universität zu Freiburg Philosophie.
Trat 1776 ins Kloster Weingarten ein und wurde zu Pater Longinus. Er war Professor der Mathematik, Physik und Philosophie und ab 1800 Novizenmeister. Nach Aufhebung des Klosters gründete er 1812 eine Latein-Privatschule in Weingarten. Er war außerdem ein namhafter Schriftsteller. (vgl. Deutsches Geschlechterbuch, Band 55, 1927)

2. Innozenz Wiest, Dr. med. geb. 1765 in Erlenmoos, Wasenburger-Hof, gest. 1838 in Weingarten

Studierte Theologie, Philosophie und Anatomie in Salzburg, dann Heilkunde in Würzburg und Wien. Er war von 1792-1795 prakt. Arzt in Ochsenhausen, ab 1796 Kloster- und Amtsarzt in Weingarten. Als 1825 im Kloster ein staatliches Waisenhaus eingerichtet wurde, betreute Innozenz Wiest dieses als Waisenhaus-Arzt. Er befasste sich damals mit einer „neuen Methode, Schutzpocken einzuimpfen“ und publizierte seine Erfahrungen. In seinem Testament vermachte er den Armen eine Stiftung von 500 Gulden.
(vgl. Deutsches Geschlechterbuch, Band 55, 1927)

Söhne von Innozenz Wiest:

2.1. Andreas Alois Wiest, geb.1796 in Weingarten-Altdorf, gest. 1861 in Ulm

Oberjustizprokurator, langjähriger Landtagsabgeordneter. Bekannt geworden als „Bauernanwalt“. Gründete 1840 eine Zeitung, den „Donau-Boten“, die innerhalb weniger Jahre zur meistgelesenen Zeitung in Oberschwaben wurde.
Ab 1845 erhielt er die Konzession zur Veröffentlichung politischer Artikel. Dadurch entwickelte er sich zur wichtigsten Stimme der Katholiken in Oberschwaben und stellte ein Gegengewicht zur übrigen Tagespresse in Württemberg dar, die überwiegend von evangelischen Redakteuren geprägt wurde.
Was Andreas Wiest von anderen Politikern dieser Zeit unterschied, war die Mischung aus strengem Katholizismus und strikter Gesetzestreue einerseits, liberalen Ideen und Engagement für die Verbesserung der bäuerlichen Rechtstellung andererseits. Er klärte die Bauern über ihre Rechte auf und ermutigt sie, gegen ihre Grundherren notfalls zu prozessieren. Viele Prozesse, sogar solche gegen den Staat, focht er erfolgreich durch.
In seiner Zeitung „Donau-Boten“ stellte er 1847 15 Forderungen auf, die unter anderem eine generelle Allodifikation und Ablösung der Grundlasten auch gegen den Willen des Adels ermöglichten. Er setzte damit eine Bewegung in Gang, die letztendlich zur „Bauernbefreiung“ in Württemberg führte (vgl. Eitel,P. (2010) Geschichte Oberschwabens, Seite 74, 76-78, 95, 99f., 104, 116, 121f., 144, 274).

2.2. Johann Anton Mathias Wiest Dr. med., geb.1801 in Weingarten-Altdorf gest. 1835 in Kairo.
War Arzt und Naturforscher, besuchte die Privat-Lateinschule seines Onkels, studierte Heil- und Pflanzenkunde, praktischer Arzt zu Weingarten, Balingen und Laichingen.
Als katholischer Oberschwabe studierte er als einer der ersten „Neuwürttemberger“ in Tübingen zunächst Philosophie, schrieb sich nach vier Semestern in Medizin ein und kehrte nach kurzer Zeit in Heidelberg wieder nach Altdorf zurück, wo er bei Ferdinand Gottlob Gmelin die Homöopathie kennen lernte. 1827 promovierte A. Wiest mit Untersuchungen über die pflanzengeographischen Verhältnisse Deutschlands zum Doktor der Medizin.
Der  Württembergische naturhistorische Reiseverein beauftragte ihn mit Wilhelm Schimper eine Forschungsreise nach Ägypten und Arabien zu unternehmen. Dort sollten beide noch unerforschte Pflanzen und Sämereien sammeln, bestimmen und getrocknet nach Deutschland senden. Trotz gemeldeter Kämpfe in Ägypten und Pest in Konstantinopel wagten beide die Reise 1834 von Triest aus. Nach Sturm und Schiffbruch, Rettung und Aufenthalt auf der griechischen Insel Kephalonia landeten sie in Alexandria, wo die Pest wütete, und gelangten auf dem Wasserweg nach Kairo. Unterwegs sammelten die beiden Forscher schon Pflanzen und weiteten diese Sammeltätigkeit um Kairo herum aus, obwohl Räuberhorden umherstreiften.
Nach Meinungsverschiedenheiten trennten sich Wiest und Schimper. Anton Wiest sandte von Kairo ungefähr 5 000 Pflanzen nach Deutschland. Nun brach auch in Kairo die Pest aus. Wiest habe noch Kranke behandelt. Er starb selbst am 8. Mai 1835.
(vgl. Deutsches Geschlechterbuch, Band 55, 1927)

2.3. Franz Josef Wilhelm Wiest, seit 1864 von Wiest, geb. 1803 in Weingarten-Altdorf, gest. 1877 in Ellwangen

Franz Josef Wilhelm Wiest, 1847 – Grafik von Dies

Jurist und Politiker
Obertribunalrat, Mitglied der deutschen Nationalversammlung Frankfurt am Main.
Besuchte die Lateinprivatschule seines Onkels, studierte schon mit 16 Jahren Rechtswissenschaften, von 1819-1821 in Tübingen, von 1821-1822 in Heidelberg, bestand 1825 die zweite Justizdienstprüfung mit Bestnoten. Ab 1836 Oberjustizrat in Tübingen, ab 1854 Vorstand des Kriminalsenats am Gerichtshof zu Ellwangen. Vorkämpfer für die Mündlichkeit und Öffentlichkeit des Strafverfahrens. Verfasser vieler juristischer und politischer Schriften. Personaladel 1864.
 (vgl. Eitel,P. (2010) Geschichte Oberschwabens, Seite 99)

Neffe von Innonzenz Wiest:

2.4. Alois Wiest, seit 1864 von Wiest, geb.1810 in Klosterbeuren, gest. 1890 in Stuttgart.

Deutscher Richter und Politiker
Alois Wiest wuchs ab dem vierten Lebensjahr bei seinem Onkel Innozenz in Weingarten auf und besuchte anschließend das Gymnasium in Dillingen an der Donau. Er studierte von 1829 bis 1834 Rechtswissenschaften in München und Tübingen.
Nach Tätigkeiten an verschiedenen Gerichten im Königreich Württemberg wurde Alois Wiest 1841 Oberjustizassessor beim Gerichtshof in Esslingen am Neckar. 1848 zog er für das Oberamt Saulgau in die Zweite Kammer der Württembergischen Landstände ein. 1849 wurde er Staatsanwalt. 1851 wurde er aus politischen Gründen des Amtes enthoben, wieder in die Landstände gewählt und verblieb dort für das Oberamt Ehingen bis 1868 und anschließend bis 1870 für das Oberamt Gmünd. Von 1851 bis 1856 war er Vizepräsident der Landstände.
1859 wurde Wiest Oberjustizrat beim Obertribunal Stuttgart, dann 1879 Oberlandesgerichtsrat beim Oberlandesgericht Stuttgart sowie Mitglied des Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs. 1884 wurde er mit der Verleihung des Titels Senatspräsident in den Ruhestand versetzt.
Zunächst war Wiest liberal eingestellt, wechselte in den Revolutionsjahren um 1848 ins konservative Lager. Wiest war gegen den Beitritt Württembergs zum Deutschen Reich.
(vgl. Deutsches Geschlechterbuch, Band 55, 1927)